Stimmen aus der Praxis
Evaluation des Programms
Hintergrund und Ziele
Im Herbst 2022 führte das Nationale MindMatters Programmzentrum eine Online-Umfrage durch. Die Umfrage richtete sich an 2.234 Personen, die seit April 2020 die MindMatters Programmhefte auf der Homepage bestellt hatten. Das Ziel der Umfrage war, zu erfahren, ob und wie das Programm MindMatters nach der Bestellung an den Schulen genutzt wird. Ergebnisse der Umfrage sollten für die Modulüberarbeitung und strategische Entwicklung des Programms genutzt werden. Der Fragebogen enthielt Items zu demographischen Daten, zum Nutzerverhalten und zur Umsetzung von MindMatters an der Schule. 446 Personen nahmen an der Umfrage teil, 337 Fälle konnten in der Auswertung berücksichtigt werden (mehr als 50 % des Fragebogens beantwortet).
Wichtigste Ergebnisse (2022)
MindMatters wird von 99,18 % der Befragten als hilfreich empfunden. Besonders positiv wurde hervorgehoben:
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Das Material
„Die einzelnen Module sind klar strukturiert und übersichtlich. Übungen werden konkret dargestellt und sind passgenau auf die Altersgruppe konzipiert.“ (Sozialpädagog*in bzw. Schulsozialarbeiter*in o.Ä.) -
Die Umsetzung
„Es sind gut angeleitete Übungen, die einfach durchgeführt werden können[.]“ (Lehrkraft) -
Das Interesse der Schüler*innen
„Das Thema Gefühle und die Bausteien [sic!] dazu werden von den SchülerInnen gut angenommen.“ (Sozialpädagog*in bzw. Schulsozialarbeiter*in o.Ä) -
Der Inhalt
"Mind Matters füllt eine bedeutsame Lücke im erzieherischen Curriculum und mithin in der Schulentwicklung." (Schulleitung) -
Die Wirkung
„Ich beobachte eine Wirkung des Programms. Z.B. bessere Lernatmosphäre, bessere Klassengemeinschaft. Sehr hilfreich ist auch die Aufbereitung der Materialien. Sie sind quasi sofort einsetzbar,- was natürlich super ist.“ (Lehrkraft)
Nutzung der verschiedenen Module
- Das Schulentwicklungsmodul ‚SchoolMatters: Mit psychischer Gesundheit gute Schule entwickeln‘ ist am häufigsten in Verwendung (24,15 %).
- Darauf folgen die Unterrichtsmodule zur Resilienz ‚Freunde finden, behalten und dazugehören.‘ (13,84 %) und ‚Mit Stress umgehen – im Gleichgewicht bleiben.‘ (13,45 %).
- Am wenigsten werden das Unterrichtsmodul ‚Rückgrat für die Schule: Umgang mit Verlust und Trauer in der Schule‘ und das Schulentwicklungsmodul ‚CommunityMatters: Die Schule öffnen und vom Umfeld profitieren‘ genutzt.
Umsetzung von MindMatters im Unterricht
- Am häufigsten wird MindMatters in Projektstunden eingesetzt (30,26 %), danach folgen Klassenlehrkraftstunden (28,24 %). Deutlich seltener wird MindMatters im Fachunterricht (11,82 %) und Vertretungsstunden genutzt (7,49 %).
- In den Fächern Deutsch, Sport, Religion, Biologie, Ethik, Psychologie, Gemeinschaftskunde, Sachunterricht und Sozialpädagogik (sortiert nach Häufigkeit der Nennung) wird MindMatters von den Befragten im Unterricht integriert.
Wünsche der Befragten
- Die Modulhefte in analoger Form (141 Fälle)
- Digitalisierte Übungen (101 Befragte)
- Fortbildungsangebote (98 Fälle)
- Austausch mit anderen Schulen, die MindMatters nutzen (62 Fälle)
- mehr Unterstützung bei der Umsetzung (34 Fälle)
- Außerdem: Zeit, aktualisierte Materialien, Bereitschaft der Zusammenarbeit im Kollegium, Material in einfacher Sprache.
Wurzeln in Australien
MindMatters stammt ursprünglich aus Australien, wurde dort flächendeckend eingeführt und erfolgreich auf seine Wirksamkeit hin evaluiert. Das Programm sollte australischen Grund- und Sekundarschulen helfen, die psychische Gesundheit der Mitglieder der schulischen Gemeinschaften zu fördern und zu schützen. MindMatters wurde von der australischen Regierung unterstützt und so zu einer festen Einrichtung für psychische Gesundheit an Schulen.
Frei erhältlich war ein kostenfreies "Resource Kit" für jede Schule der Sekundarstufe, das verschiedene Hefte umfasste: "School matters", "Education for life", "Enhancing resilience 1 und 2", "Dealing with Bullying and Harassment", "Understanding mental illnesses", "Loss and Grief" und "Community matters". Diese Hefte wurden ins Deutsche übersetzt und dienten der deutschen MindMatters-Version später als Vorlage. Mittlerweile hat sich das Programm in Australien stark gewandelt und erinnert kaum noch an die Ursprünge, die es mit der deutschen Fassung gemein hat.
Mehr Infos unter: http://www.mindmatters.edu.au/
Evaluationsergebnisse (2005)
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Mitarbeiter/-innen von 82 % aller australischen Sekundarschulen hatten an beruflichen MindMatters-Fortbildungen teilgenommen (über 81 000 Teilnehmer/-innen).
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98 % der Schulen kannten MindMatters.
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71 % der australischen Sekundarschulen hatten MindMatters eingesetzt.
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66 % aller befragten australischen Sekundarschulen benutzten MindMatters als Ressource.
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38 % aller australischen Sekundarschulen verwendeten MindMatters als ihre wichtigste Organisationshilfe zur Förderung der psychischen Gesundheit.
Übersetzung, Modellversuch & Implementierung
Zwischen September 2002 und Dezember 2006 wurden die Materialien des australischen Originalprogramms übersetzt und an die Gegebenheiten im deutschsprachigen Raum angepasst. Dafür sicherte sich Prof. Dr. Peter Paulus die Rechte. Mit einer Probeversion wurde in ausgewählten Schulen ein Modellversuch unternommen. An einem ausführlicheren Pilotprojekt nahmen schließlich Schulen aus Niedersachsen, NRW und der Schweiz teil. In diesem Zuge entstanden auch zahlreiche Kooperationen sowie eine Fortbildung für Lehrkräfte. Aufbauend auf den Erfolgen des Modellversuchs wurden letztlich die Bemühungen verstärkt, MindMatters umfassend in Deutschland zu etablieren. Die Projektphase im Einzelnen:
1. Vorbereitung (09/2002 bis 01/2004)
- Übersetzung und Anpassung der australischen MindMatters-Materialien an deutsche/europäische Verhältnisse
- Entwicklung einer Probeversion für eine erste Testung (Initialtestung)
- Aufbau von Kooperationen
- Aufmerksamkeitskampagnen, Öffentlichkeitsarbeit
- Entwicklung und Überprüfung des Materials für die Fort-/Weiterbildung von Lehrkräften
- Auswahl und Unterstützung von Modellschulen
- Vorbereitung eines Fortbildungskonzepts für Lehrkräfte
2. Pilotprojekt (02/2004 bis 08/2005)
- Durchführung des Pilotversuchs an den ausgewählten Schulen (vorwiegend OPUS-Schulen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie Schulen aus dem Schweizerischen Netzwerk Gesundheitsfördernder Schulen)
- Ständige Betreuung der Modellschulen
- Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit
- Durchführung und Weiterentwicklung von Fortbildungen für Lehrkräfte
3. Implementierung und Verbreitung (09/2005 bis 12/2006)
- Weitere Überarbeitung des Materials sowie Ergänzung neuer Elemente
- Entwicklung von Richtlinien zur Integration des Programms in die Netzwerke Gesundheitsfördernder Schulen in Deutschland und der Schweiz
- Vorbereitung und Mitarbeit an der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften
- Aufbau von Kooperationsstrukturen für schulische Gesundheitsförderung, Vernetzung
- Abschlussbericht zur Implementierung und Verbreitung
- Verbreitung der MindMatters-Materialien in Deutschland und der Schweiz
Modellversuch (02/2004 bis 07/2005)
Die Effizienz des eigentlichen Modellversuchs wurde von einem externen und unabhängigen Evaluationsteam bewertet.
Hintergründe und Evaluationsziel
Von 2011 bis 2013 wurde an drei Grundschulen in Nordrhein-Westfalen (NRW) der Unterrichts- und Schulentwicklungsprozess begleitet. Die Schulen waren in das Landesprogramm Bildung und Gesundheit (BuG) eingebunden und haben sich damit befasst, inklusive Kulturen, Strukturen und Praktiken in den Schulalltag zu implementieren. Sie haben aus dem Programm MindMatters das Primarstufenmodul "Gemeinsam(es) Lernen mit Gefühl. Eine Ressource zur Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen in der Primarstufe" mit den Materialien zur Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen sowie den Tools zur Schulentwicklung genutzt. Die Evaluation untersucht, ob die Verknüpfung von psychischer Gesundheit, sozial-emotionalem Lernen und Unterrichtsentwicklung gelingt und ob MindMatters an die aktuelle Diskussion um Teilhabe und inklusiv-individuelle Förderung anschlussfähig ist. Zudem soll sie zeigen, unter welchen Bedingungen alle am Setting Schule Beteiligten eine nachhaltige Schulentwicklung hin zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden erreichen und welche Unterstützung die Schulen auf dem Weg zur guten gesunden Schule benötigen.
Evaluationsergebnisse (2015)
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Die befragten Lehrkräfte gaben an, mit den Inhalten aus dem Theorieteil sowie mit dem Umfang des Moduls (sehr) zufrieden zu sein.
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33 % der befragten Lehrkräfte bewerten die in den Übungen benannten Themenfelder als gut verwirklicht, 60 % als befriedigend verwirklicht.
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58 % der befragten Lehrkräfte konnten die Übungen aus dem Primarstufen-Modul erfolgreich im regulären Unterricht einsetzen. Weitere 39 % geben an, die Materialien erfolgreich in Projekt- oder Vertretungsstunden verankert zu haben.
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Das Material wird von den Lehrkräften als gut in den Schulalltag integrierbar angesehen.
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Die Schüler*innen beurteilten die Übungen insgesamt positiv und gaben an, diese seien interessant und abwechslungsreich.
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Schulen benötigen idealerweise zusätzliche (Unterrichts-)Zeit zur Arbeit mit dem Material aus dem Primarstufen-Modul (z. B. in Form von festen Stunden im Stundenplan).
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Der Werkzeugkasten wird von vielen Lehrkräften als optionale Ergänzung wahrgenommen und daher in Bezug auf die Schulentwicklungstools (orangene Module) vergleichsweise wenig genutzt.
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Hilfreich wäre aber zugleich die Erweiterung des Zusatzmaterials um Inhalte bezüglich der Förderung der psychischen Gesundheit im Kollegium und zur Elternzusammenarbeit.
Erfahrungsberichte von Schulen
Im Herbst 2015 erfolgte eine telefonische Befragung von Schulen, die mit MindMatters arbeiten oder gearbeitet haben. Die Idee hinter der Evaluation war die Schaffung eines "Pools" von Schulen, in dem deren Arbeit mit den MindMatters-Materialien als inspirierende Beispiele für andere Schulen dargestellt wird. Die Ergebnisse sind hier in einer Zusammenfassung und in ausführlichen Steckbriefen veröffentlicht.
Erfahrungsberichte
Erfahrungsbericht #1: Ernst-Barlach-Realschule (NRW)
Stephan Sasse ist Lehrer und Gesundheitsbeauftragter der Ernst-Barlach-Realschule in Herford, Nordrhein-Westfalen. An der Schule arbeiten 44 Lehrkräfte mit 650 Schülerinnen und Schülern. Herr Sasse arbeitete zum Zeitpunkt des Berichts bereits seit ca. 5 Jahren mit MindMatters und hatte bereits alle Module des Programms eingesetzt.
Erfahrungsbericht #2: Grundschule Lütau (Schleswig-Holstein)
Angela Harting ist Schulleiterin der Grundschule Lütau in Schleswig-Holstein. An der Schule gibt es 12 Lehrkräfte, die 124 Schülerinnen und Schüler unterrichten. Die Schule arbeitete zum Zeitpunkt des Berichts seit einem halben Jahr mit MindMatters und setzt dabei das Primarstufenmodul "Gemeinsam(es) Lernen mit Gefühl" ein.
Erfahrungsbericht #3: Sekundarschule Nordlippe Extertal (Nordrhein-Westfalen)
Lena Hoppe ist Lehrkraft der Sekundarschule Nordlippe Extertal in Nordrhein-Westfalen. An der Schule gibt es 45 Lehrkräfte, die 430 Schülerinnen und Schüler unterrichten. Die Schule arbeitet seit ca. 2012 mit MindMatters und setzt dabei alle Module ein.
Erfahrungsbericht #4: Friedrich Hecker Gymnasium in Radolfszell (Baden-Württemberg)
Elke Luckner ist Lehrerin und Präventionsbeauftragte am Friedrich Hecker Gymnasium in Radolfszell, Baden-Württemberg. An der Schule arbeiten 85 Lehrkräfte mit 900 Schülerinnen und Schülern. Frau Luckner arbeitete zum Zeitpunkt des Berichts seit ca. einem Jahr mit MindMatters und setzte dabei das Modul "Mit Stress umgehen, im Gleichgewicht bleiben – Förderung der Resilienz in der Schule" ein.